"Blöde Sprüche einfach mal sein lassen!" - genau das ist es, was sich viele Schwarzfahrer denken, wenn an der Tankstelle mal wieder ein Passant mit geringschätzigem Grinsen die noch nie gehörte Frage stellt, ob da hinten auch ein Toter drin sei... Wir alle wissen, dass es mind. 100 weitere blöde Fragen oder minderoriginelle Sprüche in diesen oder vergleichbaren Situationen geben kann. Darüber darf man sich natürlich beschweren, wenn man nicht souverän genug ist, einfach "drüberzustehen". Im besten Fall jedoch nur dann, wenn man selbst nicht die gleiche Schiene fährt!

Von einem Bestattungsunternehmer im Zulassungsbezirk Limburg an der Lahn (LM) wurde mir kürzlich erzählt, dass Privatleute dort jetzt keine Bestattungswagen mehr zulassen können. Dies sei nur noch mit Gewerbeschein möglich, aus dem hervorgeht, dass der Inhaber tatsächlich einer Arbeit nachgeht, die dem Bestattungswesen entspricht oder zumindest ähnelt. Begründung: Man habe zuvor einem Privatmann ein So.-Kfz Bestattungswagen zugelassen und dieser sei nun fortan mit einem eher undiplomatischen und ja auch nicht überaus komischen Heckscheibenaufkleber "Früher oder später kriegen wir euch" umhergefahren. Dies hätten einige Leute nicht witzig finden können und daher habe man sich in der Zulassungsstelle entschlossen, künftig keine Bestattungsfahrzeuge mehr für Privatleute zu registrieren.

Nun ja, das ist nicht schön, aber in meinen Augen durchaus nachvollziehbar! Mit Pietätsgefühl ist das ähnlich wie mit Religionen: Das Eis, auf dem sich mancher unsubtile "Scherz" bewegt, ist oft verdammt dünn und wenn man da andere Meinungen schon nicht vertreten kann, dann kann man zumindest mal versuchen, diese zu respektieren - erst Recht, wenn es Meinungen mit Mehrheitswahrscheinlichkeit auf derart sensiblen Gebieten sind. Wenn das also jemand zu sehr auf die leichte Schulter nimmt, darf er sich nicht wundern, wenn von Amtswegen jedenfalls die Riegel davorgeschoben werden, die man davorschieben KANN. Wie sinnvoll diese Form der Sippenhaft für alle potentiellen BKW-Privatfahrer jetzt ist und ob der oben genannte Spruch jetzt wirklich so "schlimm" war, kann natürlich heftig diskutiert werden. Tatsache aber ist, dass es für eine kommunale (also für alle Bürger zuständige) Zulassungsstelle ein unkomplizierter Weg ist, solche möglichen Probleme direkt im Keim zu ersticken.

Daher die Überschrift: Blöde Sprüche einfach mal sein lassen! Das wünscht man sich als Schwarzfahrer oft von anderen Leuten, sollte diese Disziplin aber meines Erachtens selbst auch beherrschen. Erst Recht, wenn man damit Gefahr läuft, auch weiteren BKW-Fahrern im Zulassungsbezirk den Gar auszumachen.

Ich sach bloss...

Lieber Ingo, lieber Will,

Eure Argumente kann ich gut verstehen, möchte aber dennoch eine andere Sichtweise zu diesem Thema beisteuern.

Über Geschmack läßt sich ja bekanntlich streiten. Meinen Nerv trifft dieser Aufkleber auch nicht, aber dem Inhaber scheint es ja zu gefallen. Und genau hier beginnt das Debakel, was ist schön und was ist noch im Rahmen der Pietät und wer setzt die Maßstäbe.
Nehmen wir mal als Beispiel Ninas /8ter. Ist er schön, ist er Pietätvoll? Na klar, er war einer der schönsten Bestatter auf dem letzten Treffen und meine eigene Beerdigung hätte ich lieber in diesem Fahrzeug als in so einem neumodischen Transporter. Aber ich glaube kaum daß viele Menschen meine Definition von schön und pietätvoll teilen…

Wenn ich an unsere speziellen „Freunde“ aus dem Leichenwagen-Gästebuch denke, gehe ich einfach mal davon aus, daß es immer Irgendwen geben wird der sich durch uns Schwarzfahrer auf den Schlips getreten fühlt. Ob nun mit oder ohne solche Aufkleber.
Ich für meinen Teil nehme immer Rücksicht auf  den Rest der Bevölkerung und habe Verständnis für etwaige negative Denkweisen, aber ich lasse mir meine Lebensweise nicht verbieten.
Das Motto lautet, leben und leben lassen!

Gruß Bibo

Ps.: Die Probleme werden nicht im Keim erstickt, denn der Wagen kann ja auch noch anders zugelassen werden.

Bibo, ich bin da vollständig Deiner Meinung, wollte aber mit diesem Thread vornehmlich darauf hinweisen, dass man sich mit sowas recht schnell im Grunde völlig überflüssige Probleme einhandeln kann. Dass wir Schwarzfahrer sowieso ein umstrittenes und oft missverstandenes Völkchen sind, haben wir sicherlich alle schon mal am eigenen Leibe erfahren. Damit irgendwie umzugehen, ist selbstverständlich unser Job bzw. ein Preis, den man eben bezahlt, wenn man diese Autos schön findet.

Was ich sagen wollte ist, dass so manche Form der Provokation einfach auch nach hinten losgehen kann, weil es einfach unnützes Öl ist, das in ein ohnehin schon loderndes Feuer gekippt wird.

"Leben und leben lassen" ist genau so auch meine Devise und ich glaube, das auch ganz gut hinzubekommen. Wenn ich aber weiss, dass die Zulassungsbehörde nun mal letztendlich den längeren Hebel hat, dann überlege ich mir schon recht genau, wie weit ich gehen möchte bzw. ob ich mir (und anderen Gleichgesinnten) nicht vielleicht den grösseren Gefallen tue, wenn ich einfach mal etwas NICHT mache - auch wenn ich könnte. Das hat keineswegs etwas mit Duckmäusertum oder gar Selbstaufgabe zu tun, sondern ist m. E. ein gesunder Zweckopportunismus. Demokratie ist nun mal auch eine Frage der Mehrheiten - und dessen muss ich mir als Teil einer Minderheit einfach bewusst sein und daran mein Handeln orientieren.

Mein Stil sind solche Kleberleins weissgott auch nicht, aber wenn ich an so Zeugs Spass hätte, würde ich es trotzdem nicht machen - und mir damit nicht noch hübsche Probleme herbeischaffen, die ich eigentlich gar nicht gebraucht hätte. Da stellt sich mir dann die Frage nicht, ob ich mir meine Lebensweise verbieten lassen möchte oder ob ich mir etwas verkneife, um die von mir gewählte Lebensweise von ein oder zwei zusätzlichen Problemen freizuhalten.

Klar, Pietät ist letztlich keine einheitliche Konvention und spielt sich in jedem Menschen anders nuanciert ab. Eben deswegen hat man ganz schnell jemandem Eine verpasst, auch wenn man das gar nicht vorhatte. Mit dieser unbekannten Grösse fahren wir eben alle umher.

Die Probleme (aus kommunaler Sicht) werden zwar nicht direkt im Keim erstickt, da hast Du schon recht. Die Behörde setzt aber auf die Prohibitivwirkung und hat mit einem schnellen Erlass schon mal direkt den Erfolg, einem Privatmann einen heftigen Stein in den Weg gelegt zu haben. Wie die weiteren Steine für anderweitig eingetragene BKW aussehen und ob es sie gibt, weiss ich nicht. Jedenfalls würden sich bestimmt eine Menge Leute von der Tatsache abschrecken lassen, dass die BKW-Zulassung einen auf jeden Fall steinigen Weg bedeutet. Ja, und genau das ist aus Sicht der Behörde (und einiger Bürger) doch selbstverständlich schon mal ein Erfolg.

Abschliessend möchte ich zu Wills Antwort noch sagen: Ich glaube ganz ehrlich nicht, dass man uns mehrheitlich als Satanisten und Dämonen ansieht. Das werden eine Menge Menschen sein, die das auch heute noch von uns vermuten, aber ich glaube die absolute Mehrheit hat einfach überhaupt keine Meinung dazu. Ja, und genau das ist der Trick: Wo bereits eine gefestigte Meinung existiert, ist es natürlich eine echte Herausforderung, jemanden umstimmen zu wollen. Wer aber noch keine Meinung hat und vielleicht bisher überhaupt nicht auf die Idee gekommen ist, dass es uns gibt, der ist viel einfacher davon in Kenntnis zu setzen, dass wir eigentlich ein recht friedliches und vornehmlich sensibles Oldtimerfahrer-Völkchen sind, welches die hiesige Trauerkultur keineswegs verspotten möchte (so wird es ja oft missverstanden).

Wie so oft im Leben: Der erste Eindruck zählt. Und der ist schon bei einem Bestattungswagen im Originalzustand zumeist ausreichend prägend, als dass auch die Freunde des gemeinen Halloween-und-Flotte-Sprüche-Stils mit ihren Stilmitteln eher selten punkten können. Die Wahrscheinlichkeit, damit mehr kaputt als ganz zu machen, ist aber einfach bedeutend grösser. Das ist übrigens nicht nur meine Meinung, sondern in erster Linie ein Ergebnis umfassender Beobachtungen "unserer" Szene in der Öffentlichkeit über Jahre hinweg. (Aus ähnlichen Gründen sage ich bei öffentlichen Ausstellungen wie z. B. der Historicar auch immer: "Leute, lasst die Särge weg! Das kommt bei vielen Menschen ganz woanders an, als wo wir eigentlich hin möchten! Für Besucher einer Oldtimermesse kann das zu viel sein und das sollten wir respektieren können!")

Nur zur Abgrenzung: Ich habe persönlich kein Problem mit "fahrenden Horrorshows", Skelettmobilen und dergleichen, auch wenn ich selbst Anderes bevorzuge - Leben und Leben lassen, halt. Aber ich kann schon gut verstehen, wenn manche Leute sich davon ernsthaft attackiert fühlen. Und wenn jemand solche Provokationen austeilen möchte, dann muss er eben auch damit umgehen können, wenn seine Provokationen funktioniert haben (wie es Angela recht anschaulich beschrieben hat *gg*).

Zitat:

Dem kann ich mich nur anschließen. Ich persönlich habe noch nie negative Erfahrungen gemacht, ganz im Gegenteil. Und das hier im tiefsten katholischen Bayern.
Natürlich, wenn man sich auf einer Oldtimer-Ausstellung einfach neben seinen Wagen stellt und ein wenig lauscht hört man ständig von allen Seiten das Geflüster: "Schau amoi, a Leichawogn", doch wenn man angesprochen wird sind es durchweg positive Rückmeldungen.

Spätestens seit wir bei einer Oldtimer-Ausstellung ein einem großen Ford-Autohaus mitgewirkt haben werden wir ständig von irgendwelchen Fremden gegrüßt - bloß, weil sie das Auto kennen. Für mich eine schöne Bestätigung für die mehrheitlich positive Aufnahme der Thematik.

Es ist, wie Ingo bereits schrieb: Der Großteil der sonstigen Bevölkerung kommt gar nicht erst auf die Idee, dass es Leute geben könnte, die privat im Leichenwagen rumfahren. Wenn man das Glück hat mit einem solchen Menschen ins Gespräch zu kommen kann man ihn leicht davon überzeugen, dass man sich nicht für diese Fahrzeuge interessiert weil da mal ne Leiche dringelegen hat.
Wenn man dieses Thema mit ein wenig Respekt und einfach einer gewissen Professionalität als Oldtimer-Liebhaber behandelt kann einem nicht viel passieren.

Zitat:

Auch. Vor allem jedoch finde ich es einfach schade um das Auto.  

Gruß Stefan